Podiumsdiskussion "Auf dem Weg zur europäischen Bürgerschaft"
Am 7. September ging es um europäische Bürgerschaft. Dabei sprachen die Gäste über die Interpretationen des Begriffes und darüber, wie wir eine EU-Bürgerschaft ausleben können, auch ohne EU-Pass.
"Ein Markt, eine Währung, eine Demokratie"
Prof. Dr. Ulrike Guérot
Am 7. September 2021, am Vorabend der ersten Konferenz der Europaministerinnen und Europaminister (EMK) der deutschen Länder unter sächsischem Vorsitz, fand die durch das sächsische Europaministerium organisierte Veranstaltung "Auf dem Weg zur europäischen Bürgerschaft – neuer Schwung für Europas Demokratie?" statt.
Das Thema europäische Bürgerschaft / Unionsbürgerschaft ist eines der fünf Schwerpunkte des sächsischen EMK-Vorsitzes. Da die Unionsbürgerschaft alle Bürgerinnen und Bürger Europas direkt betrifft, war es dem sächsischen Vorsitz wichtig, das Thema nicht nur hinter verschlossenen Türen mit den Europaminister:innen der Länder, sondern auch mit der breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Podiumsgäste der Veranstaltung waren neben Staatsministerin Katja Meier, Ulrike Guérot, Professorin für Europapolitik an der Universität Bonn, Niccolò Milanese, Mitgründer der Organisation European Alternatives, und ein Teilnehmer des ebenso im Rahmen der EMK stattfindenden Deutsch-Polnischen Jugendforums, Klaus Etteldorf. Der Abend wurde von Gewinnerinnen und Gewinnern des Musikwettbewerbs "Prague Junior Note" musikalisch umrahmt und von Dr. Adriana Lettrari, Frau Europas 2016 und Mitgründerin des "Netzwerks 3te Generation Ost", moderiert.
Welchen Schwung könnten wir Europa geben?
Prof. Dr. Ulrike Guérot betonte, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger in ihrer Eigenschaft als Verbraucher:innen und als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleich vor dem Recht sind, aber noch nicht als (politische) Bürgerinnen und Bürger. Nach den beiden europäischen Erfolgsprojekten, dem Binnenmarkt der 1980er und dem Euro der 1990er Jahre, sei es nun höchste Zeit, diese Wirtschafts- und Währungsunion in eine politische Union einzubetten. Das damalige Motto „Ein Markt – eine Währung“ sollte nun: „Ein Markt – eine Währung – eine Demokratie“ lauten. Zu der heutigen "Marktbürgerschaft EU" müsste die "politische Bürgerschaft" aller Europäer:innen kommen, was unter anderem Gleichheit bei Wahlen, Steuern und dem Zugang zu sozialen Rechten bedeutet.
Niccolò Milanese rief dazu auf, Initiativen und Vereinen zu bilden. Er appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, sich zu vernetzen und zu organisieren. Denn es sei an den Bürger:innen, den Wiederaufbau von Europa nach der Pandemie zu gestalten. Dafür müsse auch jenseits von Europawahlen europäische Politik gemacht werden: In Universitäten, in Vereinen, usw. Das sei der Weg zu einer echten, demokratischen europäischen Bürgerschaft. Genau deshalb sei die Aufgabe unserer Generation, zivile europäische demokratische Infrastrukturen zu bauen, wie zum Beispiel ein europäisches Vereinsrecht.
"Ehrlich gesagt, es muss endlich mal offiziell gemacht werden, weil es schon länger existiert" sagte eine Teilnehmerin im Publikum. Es ging darum, dass die Jugend sich schon längst europäisch fühlt und dass es nur noch den letzten offiziellen Schritt brauche, um das Zugehörigkeitsgefühl zu verankern, wie beispielsweise durch einen europäischen Pass.
Staatsministerin Katja Meier fasste die engagierte Stimmung im Saal treffend zusammen: Nur mit einem echten europäischen Gemeinwesen werden wir die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen können.